Positive Selbst-Führung

Eine Möglichkeit zur Verbesserung des Wohlbefindens 

Warum sollte sich jemand durch „Positive Selbst-Führung“ aktiv um seine Zufriedenheit kümmern? Nun, ganz einfach.

Die Arbeitsumwelt und das private Umfeld hat sich zum Teil massiv verändert, die Geschwindigkeit in den von uns abverlangten Handlungen und die Komplexität hat an vielen Stellen deutlich zugenommen. Darüber hinaus haben die auf uns einwirkenden Reize, die ständig nach unserer kognitiven Aufmerksamkeit lechzen dramatisch zugenommen und nehmen noch weiter zu.

Die Welt ist durch das Internet und BigData viel transparenter geworden und um im Leben erfolgreich zu sein und zu bleiben, ist Schnelligkeit häufig ein wesentliches Kriterium geworden – frei dem Motto: Der frühe Vogel fängt am wahrscheinlichsten den Wurm. Eine 24/7 Erreichbarkeit erlegen sich ambitionierte Menschen meist selbst auf, selbst dann, wenn dies z.B. von Arbeitgebern und Unternehmen gar ausdrücklich unerwünscht ist – andere könnten einem ja womöglich zuvorkommen oder in jedem Moment durch eine neue Technologie unerreichbar davonziehen. Heißt im Klartext, zum ohnehin schon großen Erfolgsdruck und der damit verbundenen Erwartungshaltung durch unsere Arbeitgeber, kommt häufig der selbstgemachte Druck noch obendrauf.

Hinzu kommt die Globalisierung der Märkte und in Konzernen arbeiten heute häufig Teams zusammen, die über den Planeten verstreut in unterschiedlichsten Ländern sitzen. Viele Konzerne haben inzwischen erkannt, dass unsere Arbeit eben häufig eine Summe von Tätigkeiten und Aufgaben ist, und kein gebundener Ort. Doch damit nicht genug, denn da sind ja noch die Medien, die mittlerweile allgegenwärtige Werbung und schließlich das Smartphone oder andere Mobile Devices mit unzähligen „Apps“ und deren Push-Nachrichten, die unsere Aufmerksamkeit permanent einfordern und uns folglich sehr häufig ablenken. All das führt heutzutage bei vielen Mitarbeitern sehr schnell zu einer dauerhaften Reizüberflutung und irgendwann stellt sich möglicherweise ein Gefühl von Kontrollverlust ein.

Diese Aspekte und veränderten Umweltbedingungen in unserem Alltag sind ohne aktives regulieren und eingreifen sehr gute Voraussetzungen für Fremdbestimmung und damit ein gut „gedüngter“ Boden für negative Emotionen und energieraubende Gefühle wie Ärger, Neid, Gier, Frust, Ruhelosigkeit, Schläfrigkeit, Nervosität und Angst, die wiederum zu regelmäßigen Stress und zu fehlender Vitalität führen. Folglich navigieren sich Menschen so in ein dauerhaftes Unwohlsein und das sorgt im schlimmsten und heutzutage sehr häufigem Fall für Depressionen in unterschiedlicher Ausprägung.

Daher ist es zwingend notwendig das Führungsverhalten mit sich selbst, doch auch gegenüber anderen Menschen an die veränderten Einflüsse unserer Zeit anzupassen und an den neuen Anforderungen auszurichten. Es bedarf eines neuen und an seinen Bedürfnissen ausgerichteten Selbst-Führungsstils, um dem immer komplexer werdenden Lebensumfeld wieder dauerhaft gerecht werden zu können.

Die nachfolgenden Faktoren wie

  • Selbstregulation (Work-Life-Balance),
  • Stärkenorientierte Selbst-Führung (FLOW & Elevation),
  • Erhöhung des (Selbst-)Bewusstseins (Aufmerksamkeit),
  • Emotionale Klarheit (Aufmerksamkeit),
  • Verhaltensflexibilität (Broad & Build-Theorie) und
  • umfassende Selbsterkenntnis
 

führen zu einer starken Persönlichkeit, mit einer sehr guten Voraussetzung für eine stetige Weiterentwicklung unserer natürlichen Potenziale und einer gesunden, energetischen Lebensweise.

Wirklich wesentliche Lebensinhalte wie

  • Sinn,
  • Selbstbestimmtheit (Autonomie),
  • ein gelingendes (Arbeits-)Leben durch die eigene erlebte Kompetenz und
  • wertvolle, stabile und beflügelnde (Arbeits-)Beziehungen
 

fördern regelmäßig das Erleben von positiven Emotionen und Gefühle, was wiederum nachhaltig die psychischen & physischen Ressourcen in einer Art und Weise nährt und stärkt, dass sich ein Zustand dauerhaftem Wohlbefindens einstellen und der Mensch eine ausgesprochen stabile Resilienz für sich aufbauen kann. Heißt: Der Mensch baut für sich eine stabile Verhaltensflexibilität gegenüber Rückschlägen im Leben auf und kommt somit in die Lage, mit sich und all seinen Emotionen & Körperempfindungen – auch und gerade mit den negativen – gut umzugehen und somit letztlich auch gestärkt aus Rückschlägen hervorzugehen, sprich persönlich daran zu wachsen.

Für den namhaften Psychologen und Professor für Psychologie an der University of Chicago, Mihály Csikszentmihály ist ein wesentliches Element in Bezug auf das gelingende Leben der von ihm selbst geprägte Begriff von sogenanntem „FLOW“. Das Erleben von FLOW gilt es im Sinne der Lebenszufriedenheit und des Wohlbefindens im Lebensalltag zu fördern und solche Rahmenbedingungen zu schaffen, die das Erleben von häufigem FLOW nachhaltig für uns begünstigen.

Der FLOW-Zustand nach Csikszentmihály beschreibt einen Zustand des subjektiven Erlebens, in dem die Anforderung zur Bewältigung einer Aufgabe / Situation (siehe „C“ & „E“ in Abbildung 1: Steigerung der Komplexität im Zuge des FLOW-Erlebnisses (Aus FLOW im Beruf: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz; Csikszentmihály 2014). mit den individuellen Fähigkeiten in Harmonie / Balance ist. Dabei ist es laut Csikszentmihály jedoch wichtig, dass die Anforderung an eine Aufgabe ebenso in einem gewissen Maße herausfordern ist, was heißt, dass eine Aufgabe bei welcher Anforderung und Fähigkeiten zwar im Einklang sind, jedoch nicht als langweilig empfunden werden darf (siehe „B“ in Abbildung 1: Steigerung der Komplexität im Zuge des FLOW-Erlebnisses (Aus FLOW im Beruf: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz; Csikszentmihály 2014).). Csikszentmihály beschreibt in seinem Buch[1] hierzu einen FLOW-Korridor zwischen Anforderung auf der einen und Fähigkeiten auf der anderen Achse, der jedoch ebenso zwischen einem Empfinden von Unterforderung (Langeweile) und dem von Überforderung (Angst vor dem Scheitern) eingebettet ist. Normalerweise beginnt eine Tätigkeit im Sinne des FLOW-Erlebens bei dem Punkt „A“ (siehe Abbildung 1: Steigerung der Komplexität im Zuge des FLOW-Erlebnisses (Aus FLOW im Beruf: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz; Csikszentmihály 2014).). Wird eine Aufgabe als Langweilig empfunden („B“ und „D“) muss die Anforderung hochgeschraubt werden, um die optimalen Bedingungen für ein FLOW-Erlebnis herzustellen. Die Verbindung zwischen „B“ und „C“, sowie „D“ und „E“ sind demnach als sich wiederholende Zyklen zu verstehen. Verbessern wir erfolgreich unsere Fähigkeiten, in dem wir uns beim Tun einer Tätigkeit weiterentwickeln und dazu lernen, benötigen wir folglich wieder erhöhte Anforderungen, um die optimalen Voraussetzungen für ein wiederkehrendes FLOW-Erleben erneut herzustellen. Csikszentmihály schreibt in Flow im Beruf dazu, dass sich dieser Zyklus endlos fortsetzen lässt, wenn es sich um eine „gute“ FLOW-Aktivität handelt. Ich interpretiere eine „gute“ Aktivität in diesem Zusammenhang so, dass es sich in erster Linie für jemand um eine weitestgehend autotelische und sinnvolle Tätigkeit handeln sollte, also um etwas, dass es uns wert ist um seiner selbst willen zu tun, ohne dass uns dabei vordergründig eine Motivation durch eine Belohnung in Form von Entlohnung, Anerkennung oder Lob antreibt.

Es ist also enorm wichtig, dass wir auf der einen Seite stetig an unserer Selbsterkenntnis arbeiten, also welche Stärken & Schwächen bringen wir als einzigartiges Individuum mit, um auf diese Weise Tätigkeiten für uns zu analysieren, die Spaß und Freude bereiten, bei denen die Ausübung also möglichst intrinsisch motiviert ist. Auf der anderen Seite sollten wir regelmäßig innehalten, also achtsam sein, oder durch regelmäßige und offene Gespräche mit Vertrauten unsere Belastungen genauestens im Blick behalten, um sowohl auf Überforderung (dauerhaft = Gefahr auf Burn-Out) als auch Langeweile (dauerhaft = Gefahr auf Bore-Out) zügig und gezielt reagieren zu können. Gelingt dies und kann so zwischen Handlungsanforderungen und den Fähigkeiten immer wieder ein Gleichgewicht gefunden und hergestellt werden, ist ein Großteil der „Miete“ für ein regelmäßiges FLOW-Erleben und der Erhöhung unseres subjektiven Wohlbefindens eingefahren.

Kurzum: Für FLOW-Zustände ist die stärkenorientiere Selbst-Führung und die Entfaltung unseres natürlichen Leistungspotenziales unerlässlich, denn was Menschen besonders gut können, tun sie in der Regel auch mit besonders viel Spaß und Freude, und vor allem auch dann, wenn es darum geht sich weiterzuentwickeln und neugierig Neues zu erforschen und zu erlernen.

Abbildung 1: Steigerung der Komplexität im Zuge des FLOW-Erlebnisses (Aus FLOW im Beruf: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz; Csikszentmihály 2014).

Doch das allein ist eben nur ein Teil der Miete, wenngleich ein großer. Wie soeben erwähnt, braucht es für eine „gute“ Tätigkeit zur Förderung von FLOW für mich auch eine sinnvolle Tätigkeit und dies beschreibt Csikszentmihály in Flow im Beruf auch durch seine Meinung, dass die menschliche Natur von Grund aus nicht auf Neid und Habsucht ausgelegt ist. Im Gegenteil, die Mehrung und Förderung von Allgemeinwohl der uns umgebenden Menschen gibt uns Erfüllung in Form von positiven Emotionen & Beziehungen.

Zusammengefasst in einer Essenz sagt Csikszentmihály in Flow im Beruf (S. 22-31) folgendes:

Wir brauchen die Überzeugung, dass unser Dasein einem nützlichen Zweck (SINN) dient und einen Wert für das Leben als solches hat. Eine Vision, die uns Sinn gibt, verleiht uns einen zuversichtlichen und optimistischen Blick in die Zukunft. Weitverbreitetes FLOW-Erleben dient dazu das menschliche Wohlergehen insgesamt zu mehren. Denn jüngste Studien belegten, dass Geld, Sicherheit und Komfort zwar notwendig sind um uns glücklich zu machen, es aber eben nicht ausreicht, damit wir auch glücklich bleiben.

Eine weitere Facette, die es braucht um möglichst häufig ein Erleben von FLOW zu erfahren, ist ein erhöhtes Bewusstsein. Dies meint unter anderem die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit und die zur Verfügung stehenden Ressourcen weitestgehend unter der eigenen Kontrolle zu haben und bewusst steuern zu können. Dabei ist auch aus Sicht von Csikszentmihály die Ausübung einer regelmäßigen Achtsamkeitspraxis eine wunderbare und sinnvolle Unterstützung. Achtsamkeit hilft uns dabei die Aufmerksamkeit gezielt, also bewusst darauf zu lenken, was uns guttut und uns in unserer Entwicklung für ein gelingendes Leben unterstützt. Dies hat gleichzeitig die positive Folge, dass wir weniger unangenehmen Stress haben, in dem wir plötzlich genau mitbekommen was in uns eine Form von Unwohlsein verursacht und so die Möglichkeit haben, alles was uns Energie raubt zu ersetzen mit Dingen, Handlungen und Aktivitäten, die uns Energie spenden – Achtsamkeit hilft uns demnach sogenannte Energizer im Leben zu integrieren.

Abbildung 2: Schaubild der Wirkung von FLOW-Erleben

FLOW wirkt auf der kognitiven Ebene (denken), der emotionalen Ebene (fühlen) und der Verhaltensebene (handeln). Resilienz, Stärkung von Selbstvertrauen, Selbstaktualisierung und dadurch langfristiges Persönlichkeitswachstum sind in diesem Zusammenhang durchaus erwünschte Nebenwirkungen. Wenn es eine Kehrseite der „FLOW-Medaille“ gibt, dann das FLOW-Erleben nicht erzwungen oder auf Wunsch einfach abgerufen werden kann. Es können lediglich gute Voraussetzung geschaffen werden, die die Rahmenbedingungen für ein möglichst häufiges FLOW-Erleben unterstützen und begünstigen können. Vier mögliche Aspekte, welche die Rahmenbedingungen des FLOW-Erlebens unterstützen, sind

  • Stärkenorientierte Selbst-Führung.
  • Achtsamkeit.
  • Ein Fülle-Bewusstsein durch gefühlte Dankbarkeit.
  • Am Ende kann sich regelmäßiges FLOW-Erleben durch folgende Effekte dauerhaft positiv auf unser Wohlbefinden auswirken:
  • Steigerung der Individualität
  • Weiterentwicklung von Fähigkeiten
  • Wachstum der Persönlichkeit
  • Stärkung des Selbstwertgefühls
  • Förderung und Entwicklung von Stärken
  • Erleben von Selbstwirksamkeit
  • Erleben von positiven Gefühlen
  • Energiespendende Erfolgserlebnisse
 

Abschließend lässt sich festhalten das es sich lohnt, es lohnt sich sowas von, wenn wir gezielt und gemeinsam mit unseren vertrauten Umfeld überlegen, wie wir das vorhandenes Potenzial, die Stärken, das Wohlbefinden und das gute Mit- und Füreinander von uns allen in einer gemeinsamen Form fördern und entwickeln können. Und das heißt nicht, dass es nicht schwierig sein darf, denn das darf und muss es vielleicht sein, damit wir unsere Komfortzone verlassen und bewusste Fehler für neue notwendige Lebenserfahrungen machen können, indem wir uns immer wieder neu und mutig ausprobieren, um daraus zu reflektieren, zu lernen und in unserer Persönlichkeit natürlich wachsen zu können. Doch dafür braucht es ein stabiles und vertrauensvolles Fundament, dass durch eine entsprechende Kultur von Selbst-Führung aufgebaut wird.

Zudem ist mir in meinem Leben immer mehr bewusst geworden, dass eine solche Veränderung im Selbst-Führungsverhalten nur gelingen und von unserem schwerfälligen und emotionalen Unterbewusstsein „angenommen“ werden kann, wenn ein vertrauensvolles Verhältnis und eine stabile Beziehung zum eigenen Selbstwert/Selbstbild gegeben ist. Aus meiner Perspektive hat eine Selbst-Führungskultur im Sinne der Positiven Psychologie ein unheimlich kraftvolles und weitreichendes Potenzial für die Performance und Entwicklung von Menschen und deren Umfeld, in denen sie agieren. Allerdings braucht es nach meinem Befinden in diesem Punkt auch ein Vorbild für uns, sozusagen einen „Leitstern“, an dem wir uns orientieren können, um einen Menschen der diesen Ansatz selbst von innen heraus lebt, einer sehr wachen Person, die über viel Selbstkenntnis, Emotionale Intelligenz, Verhaltensflexibilität und Selbstregulation verfügt. Es lohnt sich also, sich einen solchen Menschen zu suchen und zu finden.

Für mich gilt das Motto: Lohnt sich positive Selbst-Führung? Ja klar, unbedingt!

 

 


[1]FLOW im Beruf: Das Geheimnis des Glücks am Arbeitsplatz Taschenbuch – 19. Juli 2014

von Mihaly Csikszentmihalyi (Autor), Ulrike Stopfel (Übersetzer)

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